Veröffentlichung 1998

Eine systemische Paartherapie

Erschienen in: Zeitschrift für Sexualforschung 11, S.44–53, 1998

Diese Überschrift verweist auf ein Problem: zwar sieht es das Paar in der folgenden Fall-Geschichte so, daß die „sexuelle Lustlosigkeit“ der Frau therapiert werden und dadurch „verschwinden“ soll (in diesem Sinne ist die Überschrift stimmig). Meine eigene Sichtweise ist allerdings eine andere und wäre in der komplizierteren Überschrift formulierbar: eine systemische Psychotherapie mit einem Paar, bei dem die Frau ihren Mann nie, der Mann seine Frau aber „ständig“ begehrt. Die Fallgeschichte beschreibt das „Navigieren“ in diesem Problemfeld.

Zum Erstgespräch erscheint ein verheiratetes Paar, das gemeinsam (und ohne daß zwischen beiden eine Spannung wahrnehmbar wäre) die völlige sexuelle Lustlosigkeit der Frau beklagt. Die Frau kann sich nicht daran erinnern, daß dies in den sieben Jahren ihrer Partnerschaft je anders gewesen sei.

Der Mann, Anfang dreißig, hat einen eigenen Betrieb und beschreibt sich als sehr tüchtig in seinem Beruf. Er sei es gewohnt, Geschäftspartner „in die Ecke zu drängen“; in seiner Tätigkeit komme es nicht darauf an, wie ein Sachverhalt sei, sondern wer den anderen übertöne. Diese Qualität ist im therapeutischen Kontakt sofort wahrnehmbar: er ist in seinem „Auftritt“ so fesselnd, daß ich die Gefahr spüre, meine eigenen Vorstellungen und mein Gefühl für mich zu verlieren, wenn ich mich zu stark auf ihn einstelle. – Die Frau, Ende Zwanzig, kümmert sich um das gemeinsame fünfjährige Kind, macht den Haushalt der Familie und arbeitet im Betrieb mit. Sie beschreibt sich als unfähig und ohne Selbstbewußtsein. Sie schlafe mit ihm ohne eigenes Interesse, gestalte das dann aber möglichst aktiv. Ich bekomme im Kontakt mit ihr keinen deutlichen emotionalen Eindruck, aber eine leise Ahnung von ihrer Anstrengung und Qual.

Beide berichten davon, daß sie seit Jahren in Gesprächen danach suchen würden, warum sie keine Lust auf ihn habe – damit seien sie aber keinen Schritt vorangekommen. Ich nehme diesen Hinweis auf, um über unser Gespräch zu reden: sicherlich wäre es fruchtlos, wenn wir hier nun das Gleiche tun würden wie sie zu Hause (eben die Suche nach den „Gründen“); ich würde vorschlagen, daß wir uns stattdessen zunächst auf die Frage konzentrieren, welche Gesprächs-Atmosphäre denn für beide hier hilfreich sein könne. Er beantwortet dies damit, daß er nicht in Klischees hineingesteckt werden wolle, sondern sich wünsche, „gesehen“ zu werden und schwenkt dann wieder auf die Inhaltsebene: er frage sich, ob ihre Lustlosigkeit nicht eine Antwort auf ihn sei. Sie „überspringt“ meine Frage nach der hilfreichen Gestaltung des Gesprächs, geht sofort auf die inhaltliche Ebene und betont, daß sie zu „allem“ bereit sei, um die Situation zu ändern.

An diese Aussage anknüpfend hebe ich hervor, daß es ja einen gibt, der bei dieser Absicht (=„alles“ zu tun) nicht mitmache: ihren „Körper“. Der sei ja konsequent ehrlich und fühle sich in keiner Weise berührt. Allerdings würde den ja auch keiner beachten, oder genauer: beide würden den ja nur als „Störung“ betrachten und in die Ecke stellen. Keiner spreche mit dem, aber ohne ihn gehe es ja schlecht, wenn es im Bett schön sein solle. – Es ist spürbar, wie diese Metapher vom Körper als dem „unbeachteten Dritten im Bett“ beide erreicht und für beide Sinn macht.

Dieses – stark zusammengefaßte- Erstgespräch veranschaulicht die regelhaften Selbstbeschreibungen von Paaren, bei denen ein Partner lustlos auf den anderen reagiert (zur Frage der Häufigkeit von Lustlosigkeit bei Männern bzw. Frauen in Partnerschaften s. Linsenhoff 1995: 353): das Begehren des Mannes wird von beiden als „normal“ definiert, das Nicht-Begehren der Frau als „anormal“. Beides wird quasi wie eine Persönlichkeits-Eigenschaft gesehen und nicht als Teil von Beziehungs-Gestaltung. Damit korrespondiert eine Beschreibung der Frau, nach der sowohl horizontal wie vertikal keinerlei Ausnahmen bestehen (bzw. erinnert werden können) und bei der deshalb auch gar keine Fragen mehr danach entstehen können, warum sie in der einen Situation begehrt hat, in der anderen hingegen nicht.

Meine Frage danach, wie wir hier das Gespräch führen sollen, damit es für beide hilfreich ist, entsteht zunächst aus beider Bericht über ihre jahrelangen fruchtlosen Gespräche. Andererseits führt diese Frage auch erstmals das Thema ein: „Was tut jedem von Ihnen in einer bestimmten Situation eigentlich gut?“ und damit in allgemeinster Form das Thema, das in jeder Therapie der Lustlosigkeit im Zentrum stehen wird. Der Mann hat darauf sofort eine Antwort parat; die Reaktion der Frau zeigt, daß eine solche Frage bzw. Sicht für sie gegenwärtig nicht „bedeutsam“ ist; stattdessen soll die Lust her, egal wie.

Das therapeutische Dilemma liegt nun darin, beiden Angebote zum Gespräch zu machen, ohne ihr bisheriges Vorgehen abzuwerten. Würde ich ihre Darstellungen als Aufforderung zur Kritik an ihrer beider Verhalten nehmen, würde sich schnell ein „beschuldigender Dialog“ (O`Hanlon 1993 a: 11) mit den sattsam bekannten Reaktionen von Verschließen, Verteidigen und Verhärten bei beiden ergeben. Stattdessen möchte ich einen „Dialog des Ermöglichens“ (O`Hanlon 1993 a: 12ff und 1993 b: 50) beginnen und dafür scheint mir die Metapher vom „Körper als nicht gefragtem Dritten“ günstig zu sein. Ein solches Vorgehen verwirft nicht die bisherige Beziehungsgestaltung, sondern fügt dieser eine neue Perspektive hinzu.

Die Intervention, den „Körper“ als „nicht-beachteten Dritten“ einzuführen, entsteht bei mir aus der Überlegung heraus, daß Frau und Mann sich eigentlich völlig einig (und deshalb auch ohne Spannung zwischen sich) sind. Allerdings wird von der Frau „eine innere Stimme“ nicht gehört und nur diese „Stimme“ wird Hinweise auf das geben können, was die Frau bisher nicht wahrnimmt. (Direkte Fragen nach dem, was ihr gut tut/nicht gut tut, kann die Frau im Erstgespräch nicht beantworten.)- Dies Konzept, das Selbst als Ort verschiedener „Stimmen“ zu sehen, von denen einige dissoziiert sind (und damit „ungehört“), stammt aus den narrativen Entwicklungen in der systemischen Therapie (s. Penn und Frankfurt 1996; mit Überlegungen zu einer systemischen „Anteils-Psychologie“ des Selbst s.a. Stierlin 1994: 105ff).

Die zweite Sitzung eröffnet die Frau damit, daß sie beide in den vergangenen zwei Wochen immer wieder über den „Dritten“ in ihrer Beziehung gesprochen und auch gewitzelt hätten („Was macht der gerade?“). Ihr sei das aber zum Teil auch unangenehm, weil sie ihren Körper nicht möge und auch sehr kritisch anschaue. Ihrem Mann gefalle zwar ihr Körper, aber sie selbst sehe das ganz anders. – Ich nehme diesen Unterschied auf und erkunde genauer, wie sie sich in diesem Bereich von den Vorstellungen ihres Mannes gar nicht beeindrucken läßt, sondern konsequent bei ihren eigenen Maßstäben bleibt – eine Kompetenz, die man ja in allen Bereichen intimen Zusammenlebens brauche.

Da sie ihren Körper nun genauer be(ob)achtet habe, frage ich sie danach, was denn dem Körper gut tue? Die Antwort kommt ohne Zögern: wenn sie allein in der Badewanne oder auf der Sonnen-

-Terrasse sei, das Kind im Bett und der Mann bei einem Termin, dann fühle sie sich rundum wohl. Nach erkundendem Fragen dazu, wo sie dieses Wohlfühlen wie empfindet, frage ich nach der Veränderung, die mit Rückkehr ihres Mannes eintritt. Auch hier ist sie ganz klar: sie frage sich sofort, was er jetzt von ihr wolle und sie nicht leisten könne; bei diesen Gedanken verspanne sie sich auf der Stelle. Auch Zärtlichkeiten möge sie nicht und versuche sie zu meiden – da sie dann sexuelle Bedürfnisse von ihm fürchte. Würden seine sexuellen Bedürfnisse in einem bestimmten Maße deutlich, dann bringe sie „es“ direkt und aktiv hinter sich. Sie wolle aber auch sagen, daß sie einmal vor ein paar Monaten Lust auf ihren Mann gehabt habe; das sei das erste Mal in ihrer Beziehung gewesen und seitdem sei das auch nicht wieder passiert. Meine Nachfrage nach den Situations-Bedingungen dieser Lust wird von ihr dahin beantwortet, daß „nichts besonders“ war. Sie wolle aber ergänzen, daß sie sich nicht nur dann verspanne, wenn der Mann nach Hause komme, sondern generell häufig starke Verspannungen im Rücken und sehr häufig Migräne habe.- Überwiegend hört der Mann in diesem Gespräch seiner Frau aufmerksam zu. Am Schluß nehme ich das Thema der Sitzung wieder auf, indem ich konstatiere, daß sie ja ganz allein „Expertin“ für ihren Körper sei (und niemand sonst hier überhaupt Aussagen machen könne); ob sie bereit sei, darin fortzufahren, genau zu beobachten, was dem gut und weniger gut tue. Sie ist daran interessiert.

Diese Sitzung zeigt, daß die Metapher von ihrem „Körper als unbeachtetem Dritten“ die beiden bewegt und ihre Aufmerksamkeit fokussiert hat. Das Signal, daß das Befinden des Körpers wichtig ist, daß er Stimme braucht und gehört wird, ist angekommen. Unter diesen „Vorzeichen“ kommen im therapeutischen Gespräch eine Fülle von Informationen über Unterschiede in ihrem Körpergefühl1.-

Zum Sexuellen macht sie mehrere Aussagen: ich fühle mich unter Druck; wenn ich den Druck als zu groß empfinde, vollziehe ich sexuelle Handlungen; andererseits habe ich meinen Mann einmal begehrt (und das heißt ja, daß ich grundsätzlich die Fähigkeit habe, ihn zu begehren.)

Die Schluß-Intervention soll nochmals explizit machen, was implizit in der Sitzung abgehandelt wurde: ganz allein sie selbst weiß, was ihr gut tut und weder ihr Mann noch ich als Therapeut haben bei dieser Frage „Autorität“. Zudem betont die Intervention den Körper als Ort von Empfindungen (statt den Blick auf ihn als Ort von Handlungen oder als „Gegenstand“ äußerer Bewertung zu richten).

Bei der dritten Sitzung wirken beide ganz verändert, insbesondere sehr gelöst auf mich. Ihr gemeinsamer Bericht erzählt von den Veränderungen in den vergangenen zwei Wochen: wenn er jetzt nach Hause komme, umarme sie ihn gerne und von sich aus – weil sie gar keinen Druck mehr auf sich spüre; er freue sich über diese Umarmungen, ohne daß er sie erwarte. Sie würden sehr viel weniger miteinander streiten. Sie könne sich jetzt auch in seiner Gegenwart entspannt und wohl fühlen; zudem würde er deutlich mehr als bisher mit dem Kind spielen, so daß dann Vater und Kind miteinander beschäftigt seien. Das wiederum fällt ihm auch deshalb leichter, weil der Junge soviel weniger schreie als noch vor Kurzem. Diese Veränderung beim Kind (nach beider Schätzung hat sich sein Schreien um ca.50% verringert) führen beide auf die verringerten Spannungen zwischen sich zurück. – Der Mann „stehle“ sich abends weniger fort als früher und komme zu den verabredeten Zeiten wieder heim – ein Dauer-Streitpunkt der Vergangenheit. Bei ihr ist die Lust auf ihn „erwacht“ und sie erlebt das Zusammen-schlafen als schön und befriedigend.

Einerseits freue ich mich über die Veränderungen in so vielen Bereichen; andererseits sind diese so „leicht“ gekommen, daß ich die Irritierbarkeit des neuen Interaktionsmusters fürchte. Daher verweise ich – aus meiner Erfahrung mit anderen Paaren- darauf, daß es leicht dazu kommen könne, daß einer von ihnen nicht beim gegenwärtigen Verhalten bleibe. Wie könne denn dann der andere bei seinem jetzigen Umgang bleiben? Auch sei es ja wahrscheinlich, daß sie auch mal wieder keine Lust habe, mit ihm zu schlafen, oder daß er sie mal wieder bedränge – wie könne denn dann der andere damit umgehen ohne wieder in sein früheres Interaktionsmuster zu fallen? In diesem Sinne spielen wir Ideen darüber durch, wie sie vom jetzigen Umgang wieder zum früheren Umgang kommen und wie sie einer solchen „Versuchung“ widerstehen könnten. Als wichtigste Voraussetzung für den jetzigen Umgang empfinden beide, daß sie sich wie ein „Team“ fühlen würden, das „zusammenarbeite“. Daher definiere ich die Therapie für die Zukunft um in eine Beratung „für eine flexible Zusammenarbeit, auch wenn einer/eine mal einen Durchhänger hat“.

Aus der Sicht der lösungsorientierten Kurztherapie ist mit dem in dieser Sitzung berichteten neuen Interaktionsmuster (und seinen stark belohnenden Auswirkungen für alle Familien-Mitglieder) die „Lösung“ erreicht. Es wäre daher die therapeutische Aufgabe, genau herauszuarbeiten, wie diese „Ausnahme“ (s. z.B de Shazer 1989: 149ff) erreicht wurde. Im Unterschied zu anderen Themen in der Paartherapie (wie z.B. emotional direkt wahrgenommenen Nähe-Distanz-Problemen) scheint es mir bei der Therapie der „Lustlosigkeit“ ungünstig zu sein, gezielt die antecedenten Interaktions-Bedingungen (hier also von Lust) zu erfragen: sehr leicht entsteht dadurch wieder eine neue Druck-Situation für die Frau („Jetzt muß ich aber auch Lust haben!“) und für den Mann eine Art Kochbuch, aufgrund dessen er dann aber auch Lust erwartet. Als günstiger empfinde ich, das Zentrum der Fragen auf das „miteinander Wohlfühlen“ und auf die „Rückfall-Prophylaxe“ zu legen. Da beide nun über Jahre in einem ganz anderen Stil miteinander umgegangen sind, erwarte ich, daß dieser andere Stil – weil hochgradig geübt- sehr leicht wieder ausgelöst werden kann. Deshalb lade ich beide dazu ein, im jetzigen entspannten Zustand immer wieder durchzuspielen, was sie dann tun können, um wieder in den jetzigen Interaktions-Stil zurückzukommen. Insbesondere zielen diese Fragen auf eine Entkopplung von den Handlungen des anderen, so daß auch bei „ungünstigem“ Verhalten des anderen der eine nicht im „alten“ Stil darauf eingeht. „The experience of choice emerges as each person begins to perceive the others behavior as an invitation to participate in the problem that can either be accepted or turned down.“ (Adams-Westcott 1993: 216)

Hintergrund meines Vorgehens ist dabei der bei Zimmerman und Dickerson (1993 a und b ) beschriebene Ansatz: zwei Interaktions-Stile werden in ihren Unterschieden immer deutlicher herausgearbeitet; es werden Ausstiege aus dem destruktiven Stil überlegt und wenn diese praktiziert werden, im therapeutischen Gespräch deutlich hervorgehoben. Auf diese Weise entwickelt das Paar eine neue „Paar-Erzählung“ über den konstruktiven Umgang miteinander.

Die vierte Sitzung eröffnet die Frau damit, daß sie auffallend seltener Migräne habe.- Der Mann möchte besprechen, daß er sich im Betrieb immer wieder sehr über sie ärgere, weil sie Aufgaben nicht in seinem Sinne ausführe. Bei der Besprechung dieser Konflikte zieht sie sehr deutlich ihre Grenzen: das Kind sei ihr 1.„Unternehmen“, Ehe und Haushalt ihr 2.„Unternehmen“, der gemeinsame Betrieb ihr 3. „Unternehmen“ – und in dieser Reihenfolge verteile sie ihre Aufmerksamkeit und erlaube sich, Aufgaben zu vergessen. Der Mann ist etwas beschämt, weil er sich um das gemeinsame Kind, um Ehe und Haushalt eigentlich nur wenig kümmere. Ihre „Fehler“ im Betrieb bekommen durch diese neue Perspektive bei ihm eine andere Bewertung und er sieht in diesem Abgleich, daß er an seine Frau im „Unternehmen“ Betrieb völlig andere Maßstäbe anlegt als an sich selbst in den „Unternehmen“ Kind und Ehe.

Inhalt der fünften Sitzung ist das Gespräch darüber, was sich in der Partnerschaft geändert habe und wo es auf dieser neuen Ebene Schwierigkeiten gibt: einerseits empfinden beide, daß die Ehe sehr gut laufe. Und: wenn sie nicht zusammenschlafen würden, führe das nicht zu Verhärtungen oder Verstimmungen zwischen ihnen. Der Mann ist gewahr geworden, mit welcher Spannung er abends aus dem Betrieb heimkommt und daß er erst einige Zeit braucht, um zur Ruhe zu kommen – eine Zeit, in der er bisher immer „irgendwas“ von seiner Frau wollte. Sie sorgt deutlich mehr als früher für ihre „Ruhe“, schafft sich „Inseln“ im Tages-Ablauf, in denen sie sich nicht mehr zur Aktivität oder zum „Versorgen“ von Mann und/oder Kind drängt. Andererseits beklagt der Mann nun, daß sie zu wenig zärtlich zu ihm sei; sie reagiert darauf mit Ausführungen darüber, daß sie das einfach nicht „könne“.

Beide Sitzungen zeigen die Veränderungen der Frau – und wie der Mann dadurch erst eine Perspektive auf seine Ansprüche gegenüber und seinen Umgangs-Stil mit seiner Frau bekommt. Die Differenzen beim Thema Zärtlichkeit zeigen, daß die Frau hier die Definitionen des Mannes akzeptiert bzw. übernimmt und ihr damit nicht gleichlaufendes Bedürfnis als ihr Versagen beschreibt.- Meine Interventionen gehen durchgängig dahin, immer wieder nach ihrem „Körper“ als „Autorität“ in allen häuslichen Situationen zu fragen (Was erhöht die Spannung/was senkt sie? Wann fühlt sie sich wohler/wann unwohler?) Dieses Nachfragen soll unterstützen, daß sie ihre Aufmerksamkeit in immer mehr Situationen auf ihren Körper lenkt und auch graduelle Unterschiede zwischen verschiedenen Situationen wahrnimmt (statt bisher nur binäre Unterschiede: Spannung/Nicht-Spannung). In diesem Sinne lenken auch meine Fragen nach ihrer Antwort auf seine Zärtlichkeits-Bedürfnisse ihre Aufmerksamkeit auf die oberste „Autorität“ Körper, der das eben nicht „will“ – während andere „Stimmen“ in ihr ihre Reaktion als „nicht können“ beschreiben.

Die sechste Sitzung eröffnet sie mit einem Bericht darüber, daß sie nach der letzten Sitzung (vor vier Wochen) beschlossen habe, sich ihm für zwei Wochen sexuell ganz zur Verfügung zu stellen. Er habe damit seine Nachhol-Bedürfnisse der vergangenen Jahre mal erledigen sollen. (Ich platze fast heraus an dieser Stelle … .) Und seelenruhig fährt sie fort: er habe dann allerdings überhaupt keine Lust gehabt und auch nicht „gekonnt“. Damit sei ja wohl klar, daß er für ihre gemeinsamen sexuellen Probleme der Vergangenheit genauso verantwortlich sei wie sie. Und damit hätten sie jetzt eine neue Ebene erreicht.- Die Ehe sei weiter besser geworden und sie hätten auch Streß-Zeiten (Krankheit des Kindes, Weihnachts-Geschäft) ohne Probleme durchgestanden.

Die Frau erzählt davon, wie sie in ihrer Familie gelernt habe, Leistung von sich zu verlangen, ohne auf ihre Grenzen und Erschöpfungen zu achten. Der Vater habe sie immer als „supertüchtig“ gesehen und sie habe seiner Sicht auch immer entsprechen wollen. Aus diesem Gespräch entwickelt sich ihr Wunsch,in Zukunft nicht erst dann aufzumerken, wenn der Körper Signale gibt, sondern bereits vorher auf ihre Gefühle zu achten. Ich schlage vor, die Therapie ab jetzt als eine Art Supervision dafür zu verstehen, inwieweit sie ihre Nähe-/Distanz- und ihre Ruhe-Bedürfnisse beachtet bzw. übersieht. (Damit sind wir bei einer Problem-/Lösungs-Beschreibung angekommen, deren Gestaltung sie selbst in Händen hält.) Beide sprechen an, daß sie sich vorstellen könnten, unsere Gespräche bald zu beenden.

In der siebten Sitzung berichten beide davon, daß die Ehe „schwieriger“ geworden sei. Betrachte man ihre heutige Ehe aus der Perspektive des Zustands von vor einem Jahr, dann würden sie sich jetzt „im siebten Himmel“ befinden. Aber wenn man von heute aus auf die Ehe blicke, dann würden zunehmend Unterschiede zwischen ihnen deutlich werden: er sei ständig auf dem Sprung, ihr gefalle die Ruhe. Diese unterschiedlichen Temperamente würden sich auch im Bett zeigen.- Sie habe kulturelle Interessen, die er nicht teile. Auch empfinde sie es so, daß das Leben in den letzten Jahren an ihr vorüber gegangen sei und sie sehne sich jetzt danach, das nachzuholen: ins Theater zu gehen, selbst ein Musik-Instrument zu lernen. Zudem wolle sie mehr herausfinden, was ihr sonst noch Spaß mache.- Trotzdem sei ihre gemeinsame Sexualität immer schöner geworden: sie mache nur noch und lasse an sich machen, was ihr gefalle.

Diese Sitzungen zeigen die Veränderungen bei den „regelhaften Beschreibungen“ beider Partner: wo vorher beim Thema Sexualität beide dem Mann Stärke und Kompetenz, der Frau Schwäche und Defizite zuschrieben, sprechen nun beide von (1) Gleichrangigkeit und (2) Unterschieden. Während vorher die Rede davon war, daß einer „im Besitz“ von Begehren war und die andere keines „hatte“, ist jetzt die Rede davon, daß beide nur tun, wozu sie Lust haben – und daß dies notwendige antecedente Bedingungen ihrer (beider!) Lust sind. Zudem hat sich die Sprache der Frau geändert: überwiegend ist jetzt nicht mehr vom „Körper“ als Signalgeber die Rede, sondern sie formuliert: „Ich mache, brauche, mag nicht etc. …“ – die „Stimme des Körpers“ ist jetzt in die innere „Stimmen-Vielfalt“ integriert worden.

Die autobiographische Schleife in der sechsten Sitzung ist relativ kurz; dies ist nach meiner Erfahrung in Paartherapien häufig ähnlich. Dennoch hat die darin erfolgte Verbindung ihrer Seite des „destruktiven“ Paar-Interaktions-Stils mit ihrer Familien-Situation ihre Bedeutung: einerseits kann das Übersehen des „Körpers“ als angemessener Stil der Vergangenheit gewürdigt (und damit auch ihre Opfer-Bereitschaft validiert) werden. Andererseits kann so leichter die Dysfunktionalität dieses Stils für ihr Leben als erwachsene Frau akzeptiert werden.

Die achte Sitzung nach fünf Wochen setzt die Themen der vorigen Sitzung fort: sie haben immer mehr Unterschiede zwischen sich festgestellt – ohne daß beide davon übermäßig irritiert sind. Jeder von ihnen hat zunehmend mehr alleine unternommen. Die Frau hat weiter Sicherheit darin gewonnen, im Sexuellen das von ihr Gewünschte mitzuteilen und das Nicht-Gewünschte abzulehnen.- Im Mittelpunkt der Sitzung stehen die Erzählungen des Mannes über sein Elternhaus, insbesondere über die massiven Gewalt-Handlungen seines Vaters an seiner Mutter. Da beide ständig miteinander beschäftigt gewesen seien, könne er sich eigentlich nicht an deren liebevolle Zuwendung ihm gegenüber erinnern. Nach seinem Eindruck lerne er erst jetzt an/mit seiner Frau, sich auf jemand anderen zu beziehen.

Im Mittelpunkt der neunten Sitzung steht ein heftiger Krach, den beide am Morgen des Tages miteinander gehabt haben. Weniger der Inhalt des Streits als der Umgang mit solchen „Einbrüchen“ bestimmt das Gespräch: wie kann man einen „Muskel“ dafür entwickeln, nach solchen Auseinandersetzungen wieder schneller zueinanderzufinden?- Die Veränderungen der letzten Monate haben sich fortgesetzt und beide sind im Ungewissen darüber, wie sich ihre jetzt so „bewegliche“ Ehe weiterentwickeln wird. Sie sind aber beide sehr optimistisch und sehen keine Notwendigkeit dafür, diese Entwicklung weiter mit therapeutischen Gesprächen zu begleiten. So beenden wir die Therapie acht Monate nach dem Erstgespräch.

Diese letzte Sitzung verdeutlicht, wie die anfangs um das Thema „Lustlosigkeit“ herum „eingefrorene“ Ehe in Bewegung gekommen ist und wie durch diese „Verflüssigung“ Sicherheit verlorengeht, beide aber sehr an Zufriedenheit gewonnen haben.

Die Fallgeschichte demonstriert, wie die lustlose Person im Laufe der Therapie zunehmend mehr erkennt und ausspricht, unter welcher inneren und äußeren Beziehungs-Gestaltung sie begehren kann und unter welcher nicht. Dies impliziert, daß ihre Reaktionen mehr im Vordergrund des Gespräches stehen als die Reaktionen der anderen Person. Sollen die größeren Gesprächs-Anteile von ihr nicht als „Ich bin gestört – er ist in Ordnung“ verstanden werden, so ist m.E. erforderlich, implizit und explizit deutlich zu machen:

nicht zu begehren ist genauso normal wie zu begehren
jeder/jede braucht günstige Bedingungen, damit seine/ihre Lust „lebt“, „blüht“ o.ä.
die lustlose Person ist Trägerin von Informationen für die Entwicklung der Beziehung.
Die Veränderungen des anderen werden primär dadurch eingeleitet, daß er die Wirkungen seines Umgangs mit der ersteren immer mehr und näher an seinen eigenen Handlungen erfährt: wo zunächst bei ersterer durchgängig „keine Lust“ war (und damit auch keine Aussagen zu unterschiedlichen Wirkungen bei unterschiedlichem Verhalten des Mannes getroffen wurden), dort entstehen nun Aussagen darüber, daß innere Unruhe, Bedrängen, Ruck-Zuck-Sexualität etc. für sie absolute „Lust-Killer“ sind.

Diese Therapie liegt mit neun Sitzungen im üblichen Zeitrahmen systemischer Therapien. In der Fallschilderung steht die Frage im Vordergrund, welches therapeutische Vorgehen eine gute Kooperation in der therapeutischen Beziehung unterstützt und damit schnelle Veränderungsprozesse erlaubt (anstatt sogenannte „Widerstands“-Phänomene hervorzurufen). Wenn ich nun den Blick auf das Paar richte: welche Vermutungen habe ich darüber, was von dessen Seite aus diese schnelle Entwicklung erlaubt hat?

Zunächst einmal kommen beide zum Erstgespräch zu einem Zeitpunkt, an dem ihre Ehe deutlich gefährdet ist: die schon lange (immer?) bestehende Lustlosigkeit der Frau wird jetzt zur Bruchstelle. Die Frau fühlt sich generell nur noch „gestreßt“ in ihrer Familie; der Mann verbringt soviel Zeit wie möglich außer Haus. Andererseits legen beide großen Wert auf die Fortsetzung ihrer Partnerschaft und sind daher beide hoch motiviert für Veränderungen. Die Frau hat es in ihrer Herkunftsfamilie gelernt, sich für das Erreichen von Zielen anzustrengen und kann diese Kompetenz nun dafür verwenden, sich „für ihren Körper“ einzusetzen. Der Mann profitiert von den Rückmeldungen seiner Frau und spürt die sich darin äußernde Bezogenheit und den dadurch wachsenden Halt als Gewinn.

Die Katamnese nach 18 Monaten zeigt ein im Wesentlichen unverändertes Bild: es ist dabei geblieben, daß die Frau nur dann mit ihrem Mann schläft, wenn sie Lust darauf hat, und es ist ihr wichtig, ihren eigenen Bedürfnissen treu zu bleiben; gleichzeitig nimmt sie wahr, daß ihr Mann gerne häufiger mit ihr schlafen würde. Es gibt weiterhin in der Ehe „viel Auf und Ab“ und beide haben nicht zu einer „Stetigkeit“ gefunden. Dies wird von beiden heute (anders als am Ende unserer Gespräche) als unbefriedigend empfunden.

Der Mann schätzt aus seiner heutigen Sicht die Entwicklung ihrer Ehe folgendermaßen ein: auf einer Skala von 1 – 10 (wobei 1 für `katastrophal´ und 10 für `sehr glücklich´ stehe) hätten sie sich vor Aufnahme der Therapie bei 2 (und also kurz vor der Trennung) befunden; am Ende der Gespräche bei 7 – und dabei sei es auch geblieben. Beide seien mit dem Gefühl gegangen, daß ihre Ehe funktioniere und daß sie eine Zukunft als Paar haben.

Aus der heutigen Perspektive sieht der Mann das Hilfreiche der Therapie darin, daß sie „viel Anregungen“ bekommen haben und die „Einstellung zueinander erheblich geändert“ haben. Als markanteste Veränderungen durch die Therapie hebt die Frau hervor, daß beide in Bewegung gekommen seien, daß der Mann seine Erwartungen an sie deutlich verändert habe und daß sein sexueller Druck auf sie so stark nachgelassen habe.

*

Fallgeschichten sind in der Regel „Erfolgs-Stories“ – so auch diese Fallgeschichte. Aber – natürlich- gibt es auch bei einem solchen therapeutischen Vorgehen Paare und Einzel-Klientinnen und -Klienten, denen man kein hilfreiches Angebot machen kann. Was könnten Ursachen dafür sein?

Dreh- und Angelpunkt obigen Vorgehens ist, daß Lust günstige innere Bedingungen bei der bisher lustlosen Person und günstige äußere Bedingungen in der Beziehung zum Partner braucht. Damit scheitert ein solches therapeutisches Angebot bei allen Klientinennen und Klienten, die Lust als völlig autonomen Prozeß und damit quasi als Voraussetzungs-los sehen.

Schwieriger als im dargestellten Fall wird die Therapie hingegen, wenn die Lustlosigkeit der Frau von der Partnern als „Krankheit“ oder vom Mann als „böses Handeln“ gesehen wird: beides verstellt – zunächst- den Blick auf die Gestaltungsbedingungen von Lust/Unlust. Wird die Lustlose als „krank“ gesehen, so führt dies zwar einerseits zur Entlastung der Frau vor den sexuellen „Ansprüchen“ des Mannes; andererseits hat dies aber die „Kosten“ starker Abwertungen, die zudem die Betroffene hilflos beim Wunsch nach Veränderung machen. Wird der Lustlosen hingegen „Boshaftigkeit“ unterstellt („Sie will es mir nur nicht geben, aber es ist mein gutes Recht!“), so lädt diese Sichtweise zu symmetrischen Eskalationen zwischen den Partnern ein. – Aber trotz dieser Relativierung scheint mir der therapeutische Pessimismus in der Fachliteratur, nach dem Appetenz-Probleme grundsätzlich „schwer“ bis „sehr schwer“ zu behandeln seien (s. z.B. Hertoft 1989: 88 und 90 mit weiteren Verweisen), auch nicht angemessen zu sein.

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Es gibt nicht „die“ systemische Therapie; vielmehr sind unter dem Dach der systemischen Therapie nach- und nebeneinander verschiedene Denkströmungen und Vorgehensweisen entstanden (zum Überblick s. von Schlippe und Schweitzer 1996: 23ff). Das obige Vorgehen soll daher kurz in Relation zu diesem allgemeinen „Feld“ der systemischen Therapie charakterisiert werden:

wer nur die Arbeiten von Selvini et al.(z.B. Selvini et al. 1988) zur Entwicklung der systemischen Therapie kennt, erwartet beim therapeutischen Gespräch in der systemischen Therapie vor allem eine Informations-“Erhebung“, aufgrund derer dann die „Schluß-Intervention“ geplant wird. Beim hier vorgestellten Vorgehen dient das Gespräch hingegen ganz gezielt der Informations-Eingabe (s. Schmidt 1985); wenn es überhaupt zu Schluß-Interventionen kommt, so haben diese mehr den Charakter einer Zusammenfassung von aus meiner Sicht wesentlichen Aspekten der Sitzung und der Eingabe daraus eventuell erwachsender Ideen
das Vorgehen ist sehr individualisiert (s.a. Lipchik 1996 a: 79; Durrant & Kowalski 1993: 110): jede Person und jede Beziehung ist einzigartig und verlangt daher ein neues Suchen nach dem, was für sie hilfreich ist. Von daher wird auch nicht mit „invarianten Verschreibungen“, „Standard-Aufgaben“ o.ä. gearbeitet, sondern nach Beschreibungen gesucht, die dem jeweiligen Paar Sinn machen. Die Stimmigkeit und Bedeutsamkeit einer solchen Beschreibung erweist sich daran, ob sie in den Paar-internen Dialog und/oder in die Selbstgespräche der Partner aufgenommen worden ist
es liegt nicht in meiner Macht, Menschen durch Interventionen zu ändern (s. im Unterschied dazu auch wieder die Sicht von Selvini et al., nach der durch ihre Schluß-Interventionen Interaktions-Muster „unterbrochen“ werden). Ich kann nur Angebote machen, die die Klienten dann aufnehmen oder nicht, die diesen dann weiterhelfen oder nicht (s.a. Lipchik 1996 b)
mein Vorgehen besteht immer wieder im a) Validieren der Sichtweise und Lebenserfahrung der Klienten und b) in der Suche danach, ihnen solche Angebote zu machen,die ihre Möglichkeiten erweitern. (O`Hanlon (1993 a) bezeichnet in diesem Sinne sogar verschiedene neuere familienthera-peutische Ansätze als „Therapien des Ermöglichens“.)
Das geschilderte Vorgehen bei diesem Paar erwächst im Speziellen aus den Ideen der „lösungsorien-tierten Kurztherapie“, die sich insbesondere mit den Namen de Shazer (s. z.B. 1989 und 1990) und White (s. z.B. White und Epston 1990) verbindet. (Zu Ähnlichkeiten und Unterschieden ihrer Ansätze s. Chang und Phillips 1993). Obiges Vorgehen soll auch kurz in Relation zu dieser speziellen „Familie“ von systemischen Herangehensweisen charakterisiert werden:

Allzuoft zeigt sich aus meiner Sicht lösungsorientierte Kurztherapie nur an den Inhalten des therapeutischen Gesprächs interessiert und nachlässig bis ignorant gegenüber der therapeutischen Beziehung. Ein solches Herangehen „verschenkt“ nicht nur wesentliche Informationen, sondern verzichtet auch auf das, was Worten erst Farbe und Bedeutung gibt (und damit auf das, was Menschen von Computern unterscheidet). Erst wenn der Klient sich gesehen und gehört fühlt, ist er bereit weiterzugehen. Erst auf der Grundlage einer kooperativen therapeutischen Beziehung bekommen Ideen über Lösungen ihre „Potenz“. Nur so schafft es der Therapeut, „hinter“ dem Klienten zu bleiben bei dessen Veränderung: er wartet erst auf ein Zeichen, daß dieser vorangehen will, statt daß er pausenlos Fragen nach der Ziel-Erreichung stellt. Nur wenn der Therapeut dem Klienten auch vermittelt, daß er willkommen ist, so wie er ist, kommt es zu „joining“, „Affekt-Abstimmung“, „Bezogenheit“ oder wie immer dies in der jeweiligen Psychotherapie-Schule genannt wird. (S.a. Lipchik 1994 mit einer Kritik eines zu technischen Vorgehens in der lösungsorientierten Kurztherapie; mit einer leisen Anfrage, ob systemische Therapie nicht generell zu Sprach-“gläubig“ ist s.a. von Schlippe und Schweitzer 1996: 271.)

„Kurztherapie“ sollte kein Dogma sein, das Therapeuten ihren Klienten „aufzwingen“. Einerseits ist es sehr günstig, wenn die therapeutischen Konzepte schnelle Veränderungen erlauben (bzw. „vorsehen“). Andererseits sollte der Klient (und der Therapeut !) nun nicht unter Druck geraten, daß es schnell gehen „muß“ 2, daß „problem talk“ minimiert und „solution talk“ maximiert werden „muß“ – ein solches Vor gehen unterminiert jede Abstimmung mit dem Klienten und damit jede Kooperation. „There is an anti-dote to solution-forced, structural-forced, psychodynamic-forced and any other forced kinds of therapy. Get collaborative. You can still have a model, just be flexible, ask clients what is helpful … . Our first loyalty must always be to our clients rather than to our models.“(O`Hanlon 1996: 85)

Ich danke Gunther Schmidt (Heidelberg) für all die Gespräche in den vergangenen Jahren und H.D.

Anmerkungen:

1 Zwar ist durch die Metapher auch ihr „Blick“ auf ihren Körper und damit ihre äußere Bewertung angesprochen worden; doch es scheint mir wichtig, nicht hierbei zu verweilen, sondern nach ihren Empfindungen weiterzufragen.

2 Lipchik in ihrem Artikel „The rush to be brief“: „Brief therapy requires as much subtlety, patience and sensitivity as any other good therapy.“ und „Brief therapy moves slowly.“ (1994: 39)

Literatur:

Adams-Westcott, Janet: Commentary (zu Zimmerman und Dickerson, 1993 b). In: Gilligan und Price: 215 – 217, 1993

Chang, Jeff und Phillips, Michele: Michael White and Steve de Shazer: New directions in family therapy. In: Gilligan und Price: 95 – 111, 1993

de Shazer, Steve: Der Dreh. Überraschende Wendungen und Lösungen in der Kurzzeittherapie. Heidelberg 1989

de Shazer, Steve: Wege der erfolgreichen Kurztherapie. Stuttgart 1990

Durrant, Michael und Kowalski, Kate M.: Enhancing views of competence. In: Friedman 107 – 137, 1993

Friedman, Steven: The new language of change. Constructive collaboration in psychotherapy. Ney York London 1993

Gilligan, Stephen und Reese Price (Eds.): Therapeutic Conversations. New York und London 1993

Hertoft, Preben: Klinische Sexologie. Köln 1989

Linsenhoff, Arndt: Kritische Bemerkungen zum therapeutischen Umgang mit der „sexuellen Lustlosigkeit“ von Frauen. Z.Sexualforsch. 8, 353 – 358, 1995

Lipchik, Eve: The rush to be brief. Networker 35 – 39, 1994.

Lipchik, Eve: Mr.Spock goes to therapy. Good therapy means knowing when to break the rules. Networker 79 – 84, 1996; zitiert als 1996 a

Lipchik, Eve: Collaboration in solution-focused therapy. Seminar-Unterlagen zum Kongreß Science/Fiction Heidelberg 1996; zitiert als 1996 b

O`Hanlon, William Hudson: Possibility Therapy: From Iatrogenic Injury to Iatrogenic Healing. In: Gilligan und Price: 3 – 21, 1993; zitiert als 1993 a

O`Hanlon, William Hudson: Take two people and call them in the morning: brief solution-oriented therapy with depression. In: Friedman: 50 – 84, 1993; zitiert als 1993 b

O`Hanlon, William Hudson: Case Commentary I (zu Lipchik 19996 a). Networker 84f, 1996

Penn, Peggy, und Frankfurt, Marylin: Dialogische Räume. Schreiben, Vielstimmigkeit, narrative Vielfalt und Teilnehmertexte. Familiendynamik 21, 183 – 202, 1996

Schmidt, Gunther: Systemische Familientherapie als zirkuläre Hypnotherapie. Familiendynamik 10, 241 – 264, 1985

Selvini Palazzoli, Mara, Boscolo, Luigi, Cecchin, Gianfranco und Prata, Giuliana: Paradoxon und Gegenparadoxon. Stuttgart 1988

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